(c) Jana Schlegel |
Naja, eigentlich sollte es ja anders laufen. Im Grunde bereiten Werkstätten für Menschen mit Behinderung und die darin stattfindende Aus- und Weiterbildung bzw. Beschäftigung den Weg in den Arbeitsmarkt vor.
So steht im §136 SGB 9 das wichtigste prägnant zusammengefasst:
Werkstätten bieten behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis. Darüber hinaus ermöglichen sie ihnen, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Sie fördert den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen.
Ausgleichsabgabe oder Arbeitsplatz?
Schön, wenn Unternehmen ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl eine Ausgleichsabgabe zahlen. Nur, was bringt diese, wenn sie gar nicht daran denken, einen behinderten Menschen einzustellen und gegebenenfalls auch einen Arbeitsplatz mit eben solchen Tätigkeiten, wie im Artikel zu schaffen?
Vor kurzem besuchte ich im Rahmen des Tages der offenen Tür als Netzwerkpartner eine solche Werkstatt in Leipzig. Absolut begeistert war ich von der tollen Ausstattung und dem wirklich zahlreich vorhandenen Personal. Nach einer umfangreichen Führung in jedem Betriebsteil erfuhr man teils von den Betreuern teils von den Beschäftigten und Auszubildenden selbst, wie es in so einer Werkstatt zu geht. Im Grunde fühlte ich mich aber trotzdem als wäre ich zu Besuch in einem richtigen Unternehmen. Kistenweise fertige Mailings werden von A nach B gerollt, Etiketten auf Verpackungen aufgeklebt - alle sind freundlich aber bestimmt unterwegs ihre Arbeit zu erledigen. Wie in einem "richtigen" Unternehmen wird geflachst, gelacht aber auch kritisch angewiesen und geführt.
In einem besonderen Betreuungsbereich werden behinderte Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen noch nicht (gleich) direkt in der Werkstatt arbeiten können, langsam darauf vorbereitet. Oft klappt es, sagt mir der Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit - eher selten klappt es gar nicht. Eines zeichnet sich aber im Gespräch ab: Es mangelt an Arbeitgebern, die behinderte Arbeitskräfte nachfragen. An Aufträgen von Unternehmen eher nicht aber eben an dauerhaften Anschluss aufgrund von (sehr) guter Arbeit und Können in richtige Unternehmen und damit sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Auch mangelt es nach Aussagen des Mitarbeiters nicht an Förderungen für die Einrichtung eines solchen Arbeitsplatzes in der freien Wirtschaft - wohl aber an Vertrauen, Zuversicht und womöglich auch an Beratung.
Weniger ist mehr?
So scheint es, dass es letztlich doch schwer vorstellbar ist und bleibt einen separaten Arbeitsplatz im Unternehmen einzurichten, wo die Geschäftspost eingetütet wird, Flyer in Broschüren gelegt werden oder andere, wie im Artikel genannte (kleinteilige) Arbeiten dauerhaft durchgeführt werden. Immerhin verbirgt sich gerade auch hinter diesen ganz vielen (speziellen) Arbeiten ein ganz konkreter Bedarf, den offensichtlich die deutsche Wirtschaft nicht so preiswert, wie mit der Vergabe in die Werkstätten, decken kann. Kritisch wird es, wenn die Werkstatt kein Sprungbrett mehr ist, wenn steigende Anfragen und der Druck durch die Auftraggeber dazu führt, dass Werkstätten diesen Druck auf ihre Mitarbeiter und Auszubildenden übertragen, dass die gewünschte Perfektion der Hingabe weicht oder gar, wie im Artikel beschrieben, Werkstätten kooperieren müssen bzw. zusätzliche Ressourcen herschaffen, um die Auftraggeber zufrieden zu stellen.
Natürlich macht es Sinn mit dem Auftrag an Werkstätten gutes zu tun und gleichzeitig weniger Ausgleichsabgabe und nur 7 % Steuern zu zahlen. Bizarre Auswüchse und Ausmaße nimmt das ganze jedoch an, wenn regulär zu besetzende Arbeitsplätze und Arbeiten (ausschließlich und ständig) in Werkstätten verbleiben bzw. von diesen durchgeführt werden. Das Ziel von Inklusion ist nicht Separation! Im Ergebnis darf die Inklusion in Deutschland nicht behindert oder gar blockiert werden. Am Ende müssen die Gesetze des Marktes und der Wirtschaftlichkeit auch bei der Arbeit in den Behindertenwerkstätten greifen und die Forderungen an die Arbeitgeber in Unternehmen muss lauten auch Arbeitsplätze (für Behinderte) zu schaffen, wo die besonderen, einzigartigen und individuellen Fähigkeiten des einzelnen sich genauso entfalten (lassen), wie in der Werkstatt für Behinderte.
Grenzen gibt es keine?!
Eine ähnliche Konstellation bzw. Problematik lernte ich mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes kennen. Nahezu alle bisher aus dem Zivildienst vorhandenen Stellen bei freien (gemeinnützigen) Trägern und Einrichtungen wurden ungeprüft ins neue System des Bundesfreiwilligendienstes überführt. Begehrt man hingegen die Zulassung als neue Einsatzstelle muss man natürlich nachweisen, dass die auszuschreibenden Stellen keine Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt verdrängen oder gar verhindern.
Leider brachte die bitte an die zuständigen Kammern die ausgeschriebenen Stellen, wie das Betreuen von Kindern und Jugendlichen in der KiTa oder das Erbringen von Fahrdienstleistungen bzw. Hausmeister- und Handwerkstätigkeiten auf Verdrängung von Arbeitsplätzen zu prüfen - schnell die Ernüchterung. Die Antwort war einfach: Wenn Sie in einer dieser Branchen tätig sind, können sie auch Beschwerde führen sonst eher nicht. Mittlerweile hat man auf der Internetseite des Bundesfreiwilligendienstes die Einsatzstellensuche insoweit angepasst und optimiert, dass man nur noch grob die Themen erkennt und eben nicht mehr die konkrete Tätigkeitsbeschreibung nachlesen kann. Das wiederum heißt jedoch nicht, dass keine Verdrängung stattfindet.
'via Blog this'
Ausgleichsabgabe oder Arbeitsplatz?
Schön, wenn Unternehmen ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl eine Ausgleichsabgabe zahlen. Nur, was bringt diese, wenn sie gar nicht daran denken, einen behinderten Menschen einzustellen und gegebenenfalls auch einen Arbeitsplatz mit eben solchen Tätigkeiten, wie im Artikel zu schaffen?
Vor kurzem besuchte ich im Rahmen des Tages der offenen Tür als Netzwerkpartner eine solche Werkstatt in Leipzig. Absolut begeistert war ich von der tollen Ausstattung und dem wirklich zahlreich vorhandenen Personal. Nach einer umfangreichen Führung in jedem Betriebsteil erfuhr man teils von den Betreuern teils von den Beschäftigten und Auszubildenden selbst, wie es in so einer Werkstatt zu geht. Im Grunde fühlte ich mich aber trotzdem als wäre ich zu Besuch in einem richtigen Unternehmen. Kistenweise fertige Mailings werden von A nach B gerollt, Etiketten auf Verpackungen aufgeklebt - alle sind freundlich aber bestimmt unterwegs ihre Arbeit zu erledigen. Wie in einem "richtigen" Unternehmen wird geflachst, gelacht aber auch kritisch angewiesen und geführt.
In einem besonderen Betreuungsbereich werden behinderte Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen noch nicht (gleich) direkt in der Werkstatt arbeiten können, langsam darauf vorbereitet. Oft klappt es, sagt mir der Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit - eher selten klappt es gar nicht. Eines zeichnet sich aber im Gespräch ab: Es mangelt an Arbeitgebern, die behinderte Arbeitskräfte nachfragen. An Aufträgen von Unternehmen eher nicht aber eben an dauerhaften Anschluss aufgrund von (sehr) guter Arbeit und Können in richtige Unternehmen und damit sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Auch mangelt es nach Aussagen des Mitarbeiters nicht an Förderungen für die Einrichtung eines solchen Arbeitsplatzes in der freien Wirtschaft - wohl aber an Vertrauen, Zuversicht und womöglich auch an Beratung.
Weniger ist mehr?
So scheint es, dass es letztlich doch schwer vorstellbar ist und bleibt einen separaten Arbeitsplatz im Unternehmen einzurichten, wo die Geschäftspost eingetütet wird, Flyer in Broschüren gelegt werden oder andere, wie im Artikel genannte (kleinteilige) Arbeiten dauerhaft durchgeführt werden. Immerhin verbirgt sich gerade auch hinter diesen ganz vielen (speziellen) Arbeiten ein ganz konkreter Bedarf, den offensichtlich die deutsche Wirtschaft nicht so preiswert, wie mit der Vergabe in die Werkstätten, decken kann. Kritisch wird es, wenn die Werkstatt kein Sprungbrett mehr ist, wenn steigende Anfragen und der Druck durch die Auftraggeber dazu führt, dass Werkstätten diesen Druck auf ihre Mitarbeiter und Auszubildenden übertragen, dass die gewünschte Perfektion der Hingabe weicht oder gar, wie im Artikel beschrieben, Werkstätten kooperieren müssen bzw. zusätzliche Ressourcen herschaffen, um die Auftraggeber zufrieden zu stellen.
Natürlich macht es Sinn mit dem Auftrag an Werkstätten gutes zu tun und gleichzeitig weniger Ausgleichsabgabe und nur 7 % Steuern zu zahlen. Bizarre Auswüchse und Ausmaße nimmt das ganze jedoch an, wenn regulär zu besetzende Arbeitsplätze und Arbeiten (ausschließlich und ständig) in Werkstätten verbleiben bzw. von diesen durchgeführt werden. Das Ziel von Inklusion ist nicht Separation! Im Ergebnis darf die Inklusion in Deutschland nicht behindert oder gar blockiert werden. Am Ende müssen die Gesetze des Marktes und der Wirtschaftlichkeit auch bei der Arbeit in den Behindertenwerkstätten greifen und die Forderungen an die Arbeitgeber in Unternehmen muss lauten auch Arbeitsplätze (für Behinderte) zu schaffen, wo die besonderen, einzigartigen und individuellen Fähigkeiten des einzelnen sich genauso entfalten (lassen), wie in der Werkstatt für Behinderte.
Grenzen gibt es keine?!
Eine ähnliche Konstellation bzw. Problematik lernte ich mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes kennen. Nahezu alle bisher aus dem Zivildienst vorhandenen Stellen bei freien (gemeinnützigen) Trägern und Einrichtungen wurden ungeprüft ins neue System des Bundesfreiwilligendienstes überführt. Begehrt man hingegen die Zulassung als neue Einsatzstelle muss man natürlich nachweisen, dass die auszuschreibenden Stellen keine Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt verdrängen oder gar verhindern.
Leider brachte die bitte an die zuständigen Kammern die ausgeschriebenen Stellen, wie das Betreuen von Kindern und Jugendlichen in der KiTa oder das Erbringen von Fahrdienstleistungen bzw. Hausmeister- und Handwerkstätigkeiten auf Verdrängung von Arbeitsplätzen zu prüfen - schnell die Ernüchterung. Die Antwort war einfach: Wenn Sie in einer dieser Branchen tätig sind, können sie auch Beschwerde führen sonst eher nicht. Mittlerweile hat man auf der Internetseite des Bundesfreiwilligendienstes die Einsatzstellensuche insoweit angepasst und optimiert, dass man nur noch grob die Themen erkennt und eben nicht mehr die konkrete Tätigkeitsbeschreibung nachlesen kann. Das wiederum heißt jedoch nicht, dass keine Verdrängung stattfindet.
'via Blog this'