3. November 2014

Bye, bye Zirkus Probst oder rettet den Zirkus?!

Da lese ich beiläufig, (Zirkus Probst sagt Tournee 2015 ab | MDR.DE) dass der Zirkus Probst nächstes Jahr, wegen der Bürokratisierung, die mit Einführung des Mindestlohnes stattfindet, nicht mehr auf Tournee gehen wird. Und das im Jubiläumsjahr! Eine bittere und schmerzliche Entscheidung, die das Familienunternehmen vielleicht in Existenznot bringen wird. Denn Probst ist nicht nur ein Firmenname sondern eine Familiengeschichte. Da steckt Schweiß und jahrzehntelange Arbeit drin. Generationen haben sich verschworen und gaben bzw. geben vielen Menschen gute Arbeit an vielen Standorten.

Die Zukunft sieht so aus, dass der Staßfurter Zirkus sich nächstes Jahr dem Projektcircus für Schulen widmen will. Ein typischer Mittelständler, der nun irgendwie den Gürtel enger schnallt. Der ab 2015 kleinere Brötchen backen muss und vielleicht sogar auf Steuermittel angewiesen sein wird. Für Probst ist diese Entscheidung alles andere als einfach, weil die bestehende Geschäftstätigkeit reduziert wird - auf ein Minimum womöglich mit dem man zumindest einen Teil der Mitarbeiter am Standort weiter Arbeit bieten kann. Andererseits heißt die abgesagte Tournee nichts anderes als das ein Großteil der Mitarbeiter mit ihren Familie an anderen Standorten nun arbeitssuchend sind/werden, weil der Zirkus nicht mehr kommt.

Dafür, dagegen oder ist mir das egal?!

Befremdlich finde ich die Umfrage darunter nach dem Motto: Was halten Sie von der Tournee-Absage?
  1. ohh nein, schade Hilfe muss sein, wenn nötig vom Gesetzgeber
  2. Zirkus ist nicht mehr zeitgemäß, jetzt damit aufhören
  3. ist mir egal
Der Leser wird hier angesprochen und outet sich quasi mit seiner Abstimmung (siehe auch Kommentare) als Zirkusbefürworter oder -gegner. Das wird aber aus meiner Sicht der Tragweite, die hinter dieser Entscheidung des Geschäftsführers steht, in keinem Umfang gerecht. Aus vielerlei Gründen überrascht mich nicht, dass für einen Zirkus, wie Probst, der auch mich als Kind sehr begeisterte und in andere Welten entführte, die Frage ähnlich wie bei den Taxisfahrern steht, nämlich:

"Wie viel sind die Kunden bereit für eine Fahrt Vorstellung zu zahlen?"

Klar, die SPD würde nun wieder sagen, falsches Geschäftsmodell, wenn die Kasse nicht genug klingelt, um seinen bisherigen Mitarbeitern bzw. Saisonkräften während einer großen Tournee Mindestlohn zu zahlen bzw. steigende Bürokratiekosten und zusätzliche Arbeitsstunden als Arbeitgeber zu tragen. Allerdings ist der Zirkus Probst ja nur ein Stellvertreter. Denn Artikel dieser Art gibt es in den Medien täglich. Der Aufschrei oder/und die Arbeitgeberschelte, die da immer mitschwingt, wird eigentlich zukünftig nur dafür sorgen, dass einige ihre Entscheidung, wenn möglich nicht (mehr) an die große Glocke hängen sondern leise und still aufhören.

Während privates ehrenamtliches Engagement in den Himmel gelobt, befürwortet, staatlich gefördert und sogar gesetzlich verankert wird, brechen auf der andere Seite ganze Branchen auftragstechnisch zusammen, weil es unwahrscheinlich ist, dass Privatpersonen / Bürger bereit sind unendlich tief für bestimmte Produkte in die Tasche zu greifen und jede Preiserhöhung zu tragen. Deutschland ist eben kein dienstleistungsorientiertes Land. Gönnt man sich privat eine Putzhilfe oder einen Babysitter geht es vielen vor allem um günstige Stundenpreise als um Qualität, Fachkenntnisse und Erfahrung.

Mehr Kosten, weniger Kunden, weniger Umsatz

So sagen z.b. gut 82% der Deutschen, dass sie sich gern selbstständig machen würden (neben- oder hauptberuflich) aber nur 1 bis 2 % probieren das je und, wenn dann eher aus einer (beruflichen) Notlage als bewusst und von ihrer Geschäftsidee überzeugt. Und ja, wenn der Staat Fördermittel ohne Ende ausreicht, kann man auch ohne finanzielles Risiko einfach mal "was probieren." Das ist aber nicht der Alltag und die Geschichte von Unternehmern, die schon viele Jahre am Markt sind. Die mit der Zeit gehen mussten und müssen, die morgens die Zeitung aufschlagen und eine wirtschaftliche Hiobsbotschaft nach der anderen verkraften müssen, die unsäglich viele Reformen mitgemacht haben auch, wenn sie im nächsten Antrag einfach wieder verworfen worden.

Das Problem in Deutschland besteht meiner Ansicht nach darin, dass bestehende Unternehmen den sich ständig ändernden Bedingungen willkürlich ausgesetzt sind. Es wird bürokratisiert und die Kosten tragen die Unternehmen bzw. später die Kunden. Denn als Unternehmen kann man Mehrkosten bzw. steigende Betriebsausgaben nicht einfach aus seiner eigenen Tasche bezahlen. Sie müssen umgelegt werden bzw. durch mehr Umsatz erwirtschaftet werden. Viele Reformen zerrten schon an den Bilanzen des deutschen Mittelstandes.

Wenn man ein Unternehmen gründet, dass eine oder mehrere Familien in jeder Form über Jahrzehnte ernährt, steht man nicht einfach morgens auf und schließt die Türe hinter sich zu und macht was anderes. Man tut weiter was man kann, um eben nicht allen sagen zu müssen: "Morgen ist Schluss!" und ja, man passt sein Konzept und die Preise auch an die Zeit an. Aber ich bin mir sicher, dass es kaum ein anderes Land als Deutschland gibt in dem Arbeitgeber plötzlich schließen müssen bzw. in die Insolvenz getrieben werden, weil sich die gesetzlichen Spielregeln von jetzt auf gleich so verschärfen, dass man einfach keine oder nicht mehr genug Kunden findet, die jede Preiserhöhung bereit sind zu tragen. In vielen Branchen gibt es jetzt schon einen großen Ruck. Es wird bald nur noch die Frage im Raum stehen: Ist der Bestandskunde bereit einfach weiter zu zahlen bzw. sich das Produkt zu diesem Preis weiter zu leisten? Dazu bewegte mich in den letzten Tagen auch dieser Artikel zur Preisbildung von der Zeit.